Hintergrundinformationen Veranstaltungshäuser:

Die letzten 3 Monate haben wir damit verbracht Veranstaltungen abzusagen, in den Herbst oder direkt ins nächste Jahr zu verschieben, haben Liquiditätspläne zusammengestellt und verworfen, ohne eine zeitliche Perspektive vor Augen zu haben. Durch das Konjunturpaket können einige vielleicht durchatmen, doch wie lange? Nur mit dem Engagement unserer Mitarbeiter*Innen konnten wir den Betrieb aufrechterhalten. Aber allein darauf können wir uns nicht dauerhaft stützen. Es gilt für unsere langjährigen Mitarbeiter*Innen sorgen, das Team zu erhalten, erfolgreiche langjährige Kooperationen fortzuführen, um gemeinsam mit allen Dienstleistern diese schwierige Zeit zu meistern. Die tägliche Motivation wird zur größten Herausforderung. Eine ständige emotionale Achterbahn zwischen der existenziellen Not und neuen Ideen und Projekten, die auf einmal wachsen. In kürzester Zeit plöppen Ideen wie Autokino und Streamings auf und hat man sich damit auseinandergesetzt, so sind sie auch schon wieder aus der Mode. Und nun steht uns die alljährliche Sommerpause bevor. Ohne Programm. Ohne Perspektive was nach dem Sommer erlaubt sein wird, oder eben nicht. Aus der Corankrise nahtlos ins Sommerloch und zurück?

Aktuell häufen sich die Forderungen aus den gestundeten Beträgen, Kredite sind noch nicht gewährt und das im üblichen Betrieb jährlich zu verzeichnende Sommerloch steht uns erst noch bevor. Somit sind es in Gänze rund 6 Monate ohne nennenswerte Umsätze. Ein halbes Jahr das  nicht mehr aufzuholen ist.

Wir wissen die Anstrengungen der Politik sehr zu schätzen, die ein noch nie dagewesenes Konjunkturpaket auf den Weg gebracht haben und sind gespannt, wie es im Detail bei uns ankommen wird.

Auch wenn es bereits erfreuliche Signale aus Bund, Ländern und Kommunen gibt, befürchten wir, dass gerade die Häuser, Menschen und Unternehmen, die bisher nie staatliche Förderungen erhalten haben, auf der Strecke bleiben. Viele Kollegen haben Existensängste. Einige Kollegen haben sich bereits neue Jobs gesucht. Was wird passieren, wenn eine gesamte Branche noch länger still gelegt wird? Wie lange kann eine Branche das aushalten?

Die langfristigen Folgen der Corona Krise werden wir noch bis weit ins nächste Jahr spüren. Wird es dann noch diese Vielfalt an nationalen und internationalen Künstler geben, die wieder auf unsere Bühnen zurückkehren? Wird es noch Techniker geben, die sie ins rechte Licht rücken, Caterer, die sie bekochen und Agenturen, die alles koordinieren? Wir alle sind aufeinander angewiesen und voneinander abhängig. Die Veranstaltungsstätten sind dabei eine wichtige Säule im Ökosystem der Kultur. Sie sind die Spielfläche der Kultur. Deren Wegfall wäre nicht einfach zu kompensieren und schon gar nicht zu ersetzen. Oft sind diese besonderen Objekte umgebaut und mit viel Herzblut gepflegt worden. Man kann sie nicht einfach an anderer Stelle wieder aufbauen. Wenn sie schließen, wird ein großes Loch im kulturellen Leben einer Stadt entstehen.

Wir alle möchten arbeiten, wir möchten mitgestalten. Dafür brauchen wir nicht nur finanzielle Sicherheiten, sondern auch rechtliche Grundlagen, die uns gerade vor eine große Herausforderung stellen. Denn auch wenn wir wieder öffnen dürfen, dann nur mit einer stark reduzierten Kapazität. Unbestuhlte Konzerte und Parties wird es voraussichtlich 2020 nicht mehr geben. Bis das internationale Tourneewesen wieder anläuft, wird es noch lange dauern. Das internationale und überregionale Booking hat einen Planungsvorlauf von vielen Monaten, größere Tourneen auch deutlich über einem Jahr – und dafür muss die grundsätzliche Reisemöglichkeit gegeben sein.

Auch wenn wir in der Veranstaltungsbranche es gewohnt sind kreativ zu sein und auf kurzfristige Änderungen zu reagieren, so brauchen wir eine gewisse Planungssicherheit und Vorlauf, um einen guten Job machen zu können. Auch wenn es immer so leicht aussieht, die Abläufe im Hintergrund sind komplex und erfordern längere Zeithorizonte und eine verlässliche Planbarkeit.

Jede Einnahme ist gut, aber nur wenn sie unternehmerisch sinnvoll ist. Der ernorme Kostenapparat aus Miete, Personal, Technik und Verwaltung läuft weiter. Ein Ausgleich durch gastronomischen Umsatz ist aktuell nicht möglich. Sprich es geht um Rentabilität, um Kostenkontrolle und Einnahmeoptimierung. Zusätzlich ist eine enormer Mehraufwand notwendig um die behördlichen Auflagen zu erfüllen. Dafür brauchen bisher nicht subventionierte Häuser ein langfristiges und tragfähiges finzanzielles Förderprogramm.

Künstler brauchen die Bühne, den Live Moment und die Reaktion der Zuschauer. Das kann nicht im Streaming und auch nicht durch eine Autoscheibe erlebt werden. Das Liveerlebnis ist Lebensqualität. Echt. Berührend. Unersetzlich.

Unsere Gäste möchten unterhalten werden, möchten abgelenkt werden von ihren Alltagssorgen und ein paar Stunden lachen und sich leicht fühlen. Wird das möglich sein in Zeiten einer Pandemie? Lachen trotz Ansteckungsrisiko? Konzerte im Sitzen und ohne Mitzusingen?

Der Gesundheitsschutz hat selbstverständlich auch für uns höchste Priorität. Niemand möchte kranke Gäste oder infiziertes Personal, niemand möchte für einen Infektionsherd verantwortlich sein, niemand möchte Schaden anrichten. Niemand möchte aber auch Identität und Geschäftsmodell bis zur Unkenntlichkeit verzerren oder unverschuldet in existenzielle Not geraten.

Kurzum es sind viele Faktoren, die in dieser vielfältigen und weitverzweigten Unternehmensbranche zusammenkommen und daher auch vielfältige und angepasste Lösungen bedürfen. Die Livekultur ist eine Szene voller Vielfalt und Kreativität. Sie muss erhalten bleiben. Das bleibt sie aber nur wenn gemeinsam mit der Politik individuelle Lösungen gefunden werden. Wir suchen den Dialog um diese Lösungen zu finden und zeitnah umzusetzen.

Damit Kultur wieder eine Perspektive hat! Und damit es nicht still bleibt…